Alles so leer hier ...
Ich habe ja geglaubt, wir hätten die neue „Teufels Küche“ für zwei Personen gebaut. Ein Haus das deutlich kleiner ist als das Alte, vielleicht etwas eng aber gerade gut für zwei Personen, die die Lebensmitte überschritten haben. Aber ganz so ist das ja doch nicht. Das wird uns in diesem Tagen besonders klar.
Nein, dies wird nicht der 37487-ste Artikel über Corona, aber auch wir kommen an diesem Thema nicht vorbei. Wir sind gesund, wir haben (Kurz-)Arbeit und Isolation mit ausreichend Mango-Maracuja-Schokolade ist vielleicht ein Luxusproblem. Auch wenn es schwer ist Mehl zu erwerben …
Kein Corona Artikel!
Spätestens Ostern wird deutlich, dass wir keineswegs ein Haus für zwei Personen gebaut haben. Wir haben ein offenes Haus geplant, in dem verschiedenste Menschen willkommen sind und ein und aus gehen. Wir haben ein Haus mit großen Tischen, an denen viele Menschen zusammen sitzen und feiern und streiten können. Das ist unser Leben.
Haben wir uns so gedacht.
Unser Leben zu zweit wird plötzlich ganz neu. Wie wird es sein, ganz auf uns selbst zurück geworfen zu sein? Corona und die Ängste die damit verbunden sind, gehen natürlich nicht an uns vorbei. Trotz Begegnungen per Telefon und Video-Konferenzen bewegen wir uns doch im Wesentlichen auf ein Leben zu, das wirklich von uns zwei Personen, von uns als Paar bestimmt ist. Das ist mal richtig spannend und auch etwas herausfordernd.
Die Unterschiede zwischen unseren Leben spielen plötzlich eine Rolle. Wie mag es für sie sein den ganzen Tag zu Hause zu sitzen und zwischen Homeoffice und freien Stunden, in denen man doch angebunden ist, eine Balance und eine Struktur zu finden? Wie mag es für ihn sein, in diesen Zeiten jeden Tag „hinaus zu gehen“, in eine andere Stadt zu fahren um in einem Büro, auch irgendwie isoliert, so etwas wie Normalität in einer nicht normalen Umgebung zu leben?
Durch das viele Alleinsein wird unsere eigene innere Kraft sehr strapaziert. Die stärkste Stütze, die wir im Moment haben können sind wir uns gegenseitig. Und so wie es ist, funktioniert es nur schwer. Wir sind nicht darauf eingerichtet eine „ich bin 100% für Dich“ Beziehung zu führen. Wo finden wir unsere Freiräume? Und gleichzeitig funktioniert es großartig. Es funktioniert weil wir uns gegenseitig sehen können, weil wir unsere Ängste teilen können und weil wir im Dialog die Bereiche entdecken und entwickeln können, für die wir uns begeistern. Endlich ist sie wieder da, die Lust aufs Seife sieden, aufs vertraute Backen mit Sauerteig aber diesmal ganz neu weil man nehmen muss, was an Mehl irgendwie zu bekommen ist. Endlich sind sie wieder da, die langen Spaziergänge zu zweit. Und es gibt noch viel mehr zu entdecken!
Und Sorgen erlauben wir uns auch. Wie soll das alles weitergehen? Was passiert mit unserer Gesellschaft? Es scheint gewiss, dass wir nach Corona nicht mehr die Gleichen sein werden wie vorher. Wie werden wir miteinander umgehen? Unser Arbeitsleben könnte sich sehr verändern, aber werden wir auch Arbeit haben? So unterschiedlich sich unsere jeweiligen Arbeitswelten besonders jetzt darstellen, so unterschiedlich ist auch unsere Tendenz besorgt zu sein. Und erlaubt ist beides. Wir können nur profitieren von den Gedanken des Anderen und wir erlauben uns gegenseitig einen Blick hinter den Vorhang. Dir zeige ich mich wie ich bin, sogar mit Sorgen für die ich mich sonst schäme. Und damit zeige ich mich auch mir selbst und werde mir meiner selbst bewusst und das macht selbstbewusst!
Natürlich ist da auch ein großer Schmerz, Kinder und Enkelkinder nicht treffen zu können. Die machen gerade eine schwere Zeit durch, die sie bestimmt prägen wird. Aber wir können es weder miterleben, noch können wir unterstützen. Dieser Schmerz ist nicht weg, nur weil wir darüber reden können . Durch das Reden verändert er sich aber. In Teufels Küche ist Schmerz nämlich genauso erlaubt wie Freude. So ist das alles leichter auszuhalten.
Wir wissen ja, dass wir uns wiedersehen werden.
Bleibt gesund!