Das wird nicht reichen.
Da müssen wir alle hin und vielleicht reicht es dann immer noch nicht. Wie könnte ich dazu beitragen, dass auch der Durchschnitt sinkt?
In der Gewaltfreien Kommunikation wollen wir nicht erreichen, dass andere tun, was wir ihnen sagen. Wir wollen Verbindung, wir wollen einander sehen in der Schönheit unserer Bedürfnisse und dann findet die Lösung uns, sagt Marshall. Und es stimmt ja auch, ändern können wir sowieso immer nur uns selbst.
In der aktuellen Debatte um den Klimawandel werde ich mutlos, wenn ich mir das klarmache. Am liebsten würde ich versuchen, auch Andere zu motivieren, bewusster zu leben, Ihr Kauf-, Ernährungs- und Mobilitätsverhalten zu verändern. Und bin doch ganz verzagt. Wenn ich lese, wie heftig, unsachlich und persönlich die Reaktionen auf die jungen Frauen und Mädchen, die die Identifikationsfiguren der Fridays For Future Bewegung sind, klingen, schrecke ich regelrecht zurück. Ich weiß ganz sicher, dass ich es nicht ertragen könnte, wenn Menschen so heftig auf meine Worte reagieren würden.

Aber bevor ich mir diese Verzagtheit auch noch übel nehme, mache ich mir klar, dass ich viel mehr tue, als still und leise Plastikverpackung zu vermeiden. Ich spreche darüber. Immer wieder und überall. Ich erzähle niemandem, was er oder sie alles falsch macht und wie es richtig ist. Aber ich erzähle von mir. Was mir wichtig ist, was ich versuche zu tun und auch, was mir schwer fällt.
Und plötzlich macht sich mein junger Chef zusammen mit seiner Frau auf und probiert, in ganz normalen Supermärkten plastikfrei einzukaufen. Denn wenn er mit dem Diesel in die nächstgrößere Stadt fahren würde, in der es einen Unverpackt-Laden gibt, wäre das ja auch wieder irgendwie kontraproduktiv.
Ein anderer Kollege, der es hasst, jeden Morgen im Bus zu sitzen, hat extra den Führerschein gemacht um fortan morgens allein in seinem eigenen Auto seine Ruhe zu haben. Doch inzwischen hat er es sich anders überlegt. Er weiß nun zu schätzen, dass er die Möglichkeit hat, mit dem Bus zur Arbeit zu fahren. Das ist für viele Andere nicht so leicht. Und das Auto hat er nicht gekauft.
Meine Freundin aus Kindertagen hat zwei Töchter, von denen sie sagt: Die Eine ist Fridays-For-Future, die Andere ist Black-Friday. Aber die Schwestern reden miteinander, mitunter laut und unerbittlich, aber sie reden. Die Große hat verkündet, dass sie nicht mit der Familie in den Urlaub fliegen wird. Also machen sie in diesem Jahr Urlaub mit Fahrrad und Bahn.
Überall um mich herum machen sich die Menschen Gedanken über ihr Handeln und verändern etwas, probieren Neues aus oder entdecken Altes neu.
Und das kann ich feiern.

Aber: Meine soziale Blase ist nicht die Arche Noah.
Und wenn die Nahrung knapp wird, gibt es keinen Extra-Obstsalat für mich, weil ich immer so schön wenig CO2 …

Denn, es gibt ja auch die anderen.
Die liebgewonnene Bequemlichkeiten nicht aufgeben wollen.
Die nicht glauben (wollen), was der Klimawandel bedeutet und was uns bevorsteht.
Die mit Aggression auf die Aktivisten reagieren
Oder mit Angst

Und wie gehe ich mit denen um?
“Kinder, vertragt Euch doch”, hat die Oma immer gesagt. Und da hatte sie auch wieder recht, denn mit dem Boot, in dem wir alle zusammen sitzen, gehen wir entweder zusammen unter oder wir schaffen es gemeinsam. Alle zusammen. Die Familien, in denen es pro Führerschein ein Auto gibt, die Umwelt-Aktivisten, die Geflüchteten, die Bio-Bauern, die Alten, die Leute mit der Photo-Voltaik auf dem Dach, die Jungen, die Radfahrer, …, einfach alle.